Im Zeitalter von Industrie 4.0 bildet die IT/OT-Konvergenz das Herzstück der digitalen Transformation. Meist liegt der Fokus jedoch allein auf der Technologieebene. Doch genauso essenziell sind die organisatorischen Veränderungen, die den technologischen Wandel begleiten müssen. Erst durch eine enge Zusammenarbeit von OT- und IT-Teams entfaltet Industrie 4.0 das volle Potenzial. Denn wahre Effizienz und Innovationskraft entstehen, wenn aus ehemals getrennten Silos ein starkes, integriertes Team wird. Dabei ist der Weg zu integrierten Teams ein Prozess, an welchem sich der digitale Reifegrad eines Unternehmens ablesen lässt. Dieser Artikel beleuchtet die Stufen dieses Prozesses hin zur organisatorischen IT/OT Konvergenz und die Herausforderungen des jeweiligen Zusammenarbeitsmodells.
Stufe 0: IT und OT arbeiten in Silos
In vielen Unternehmen arbeiten IT und OT traditionell isoliert voneinander. IT-Teams betreuen die Unternehmensnetzwerke, Datensysteme und Cybersicherheit, während OT-Teams für die operativen Produktionssysteme, Maschinen und Steuerungssysteme in den Fabriken verantwortlich sind. Dieser Ansatz ist historisch gewachsen, da IT und OT unterschiedliche Prioritäten und Ziele verfolgten.
Ergebnis und Herausforderungen:
- Kein Fortschritt im Bereich Industrie 4.0.
- Die fehlende Zusammenarbeit führt oft zu Kommunikationsproblemen und einer mangelnden Abstimmung. IT-Teams sind mit Netzwerksicherheit und Datenintegrität beschäftigt, während OT-Teams die Produktivität und Sicherheit der Produktionsanlagen priorisieren.
- Die fehlende Integration behindert die Möglichkeit, datengetriebene, intelligente Produktionsprozesse zu schaffen.
Stufe 1: Individuelle Industrie 4.0-Projektteams
Im Zeitalter von Industrie 4.0 haben viele Unternehmen, spezialisierte Projektteams innerhalb ihrer Fabriken gebildet. Diese Teams bestehen üblicherweise aus OT-Fachkräften und implementieren erste Digitalisierungslösungen. Typische Beispiele sind etwa die Vernetzung von Maschinen oder die Integration von Sensorik zur Überwachung des Produktionsprozesses.
Ergebnis und Herausforderungen:
- Trotz erster Erfolge bleibt die Zusammenarbeit zwischen IT und OT unzureichend.
- OT-Teams formulieren ihre Anforderungen an die IT, doch aufgrund unterschiedlicher Fachsprachen und Prioritäten kommt es zu erheblichen Verzögerungen und Missverständnissen. Folglich liefert die IT unzureichende Lösungen, die den Bedürfnissen der OT nicht gerecht werden.
- Dadurch stagniert der Fortschritt und die OT beginnt isolierte, stark spezialisierte Lösungen (Insellösungen) zu entwickeln. Aufgrund fehlendem Weitblick über die eigenen Fabrikgrenzen hinweg, ist der Rollout in weitere Standorte meist nicht wirtschaftlich.
Stufe 2: Zentrales Industrie 4.0 Projektteam
Ein entscheidender Wendepunkt in der organisatorischen Transformation hin zur IT/OT-Konvergenz ist die Bildung eines zentralen Projektteams, das sowohl IT- als auch OT-Experten umfasst. Diese Teams operieren auf einer strategischen Ebene und vereinen Fachwissen aus beiden Bereichen. Gemeinsam entwickeln sie Lösungen, die sowohl den Anforderungen der Produktionsumgebung als auch den IT-Standards gerecht werden. IT- und OT-Experten arbeiten nun Hand in Hand, um gemeinsam an der Entwicklung und Implementierung von Industrie 4.0-Initiativen zu arbeiten. Dies verbessert die Kommunikation und ermöglicht eine ganzheitliche Herangehensweise.
Ergebnis und Herausforderungen:
- Erste Leuchtturmprojekte mit großem Potenzial für eine unternehmensweite Umsetzung entstehen. Diese Projekte zeigen, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen OT und IT zu erfolgreichen Ergebnissen führen kann.
- Allerdings konkurriert die zentrale Projektorganisation häufig mit dem operativen Geschäft um Ressourcen wie Personal, Budget und Infrastruktur, was zu Priorisierungskonflikten führt.
- Zudem ist das Fachwissen stark im zentralen Projektteam gebündelt. Die digitale Transformation wird nicht tief genug in der gesamten Belegschaft verankert.
- Das „Projekt“ endet mit dem Erreichen der Projektziele. Die Digitalisierung hingegen ist ein kontinuierlicher Prozess, der ständige Anpassungen und Weiterentwicklungen erfordert.
Stufe 3: IT/OT Team-Konvergenz
Ein entscheidender Meilenstein in der IT/OT-Konvergenz ist erreicht, wenn beide Teams nicht mehr getrennt agieren. IT und OT arbeiten als ein integriertes Team, die Grenzen verschwinden vollständig. Sie optimieren gemeinsam die Produktionslandschaft und treiben die Digitalisierung voran. Diese Zusammenarbeit findet nicht mehr nur in Projekten statt, sondern im gesamten operativen Betrieb. Beide Teams treffen frühzeitig gemeinsame Entscheidungen zu wichtigen Themen wie Cybersicherheit oder Netzwerkintegration. Eine detaillierte Beschreibung der Verantwortlichkeiten dieses Teams finden Sie hier (siehe DataOps Team).
Ergebnis:
- Beide Teams teilen nicht nur Informationen und Tools, sondern entwickeln auch gemeinsam Strategien.
- Die Zusammenarbeit wird kontinuierlich, was die Innovationsgeschwindigkeit und Effizienz stark erhöht.
- Probleme wie Ressourcenkonflikte oder fehlende Integration der Belegschaft treten nicht mehr auf. Die Teams lösen Herausforderungen früh und ganzheitlich. So wird die Digitalisierung tief in der gesamten Organisation verankert und kann nachhaltig skaliert werden.
Fazit: Ohne IT/OT Team-Konvergenz keine Tech-Konvergenz
Die erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 verlangt mehr als technologische Innovationen – sie erfordert eine tiefgreifende organisatorische Neuausrichtung. Nur wenn OT- und IT-Teams ihre Silos aufbrechen und als integrierte Einheit agieren, kann das volle Potenzial der Industrie 4.0 realisiert werden. Unternehmen, die diesen Reifeprozess durchlaufen, steigern nicht nur ihre Effizienz, sondern sichern sich auch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil in einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Welt. Die IT/OT-Konvergenz ist daher nicht nur eine technologische Herausforderung, sondern vor allem ein organisatorischer Imperativ.
Dieser Artikel wurde inspiriert von IT/OT Insider und adaptiert basierend auf den Erfahrungen aus hunderten IT/OT Projekten der i-flow Mitarbeiter.