Die Siemens S7, auch bekannt als SIMATIC S7, ist eine der meistverbreiteten Steuerungsplattformen in der industriellen Automatisierung. Ob kompakte SPS für einfache Maschinen oder leistungsstarke Steuerungen für komplexe Produktionsanlagen – die S7-Familie findet sich in nahezu jeder Fertigungshalle. Wer jedoch eine Siemens S7 im Unified Namespace (UNS) integrieren will, steht vor der Frage: Welche Schnittstellen und Protokolle eignen sich für die bidirektionale Anbindung? Der folgende Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Optionen mit ihren jeweiligen Vor-und Nachteilen.
S7 Steuerungen – ein Überblick
Die Siemens S7 ist eine modulare Steuerungsplattform, die weltweit ihren Einsatz findet. Sie bildet das Rückgrat zahlreicher Maschinen und Anlagen – vom einfachen Handling-System bis zur hochkomplexen Fertigungsstraße. Dabei zeichnet sich die Steuerung durch Zuverlässigkeit, Flexibilität und eine hohe Funktionalität aus. Genau diese Vorteile macht die Steuerung zu einer beliebten Wahl für die Steuerung und Automatisierung von Fertigungsprozessen. Dabei erfolgt die Programmierung der Steuerungen in der Regel mit spezieller Software, wie z.B. STEP 7 (Siemens Totally Integrated Automation Portal). Weitere Gründe für die Beliebtheit der Steuerung sind:
- Vielfalt von Steuerungen: Siemens S7 bietet eine breite Palette von Steuerungssystemen, von kleinen und kompakten SPS (Speicherprogrammierbare Steuerungen) bis hin zu leistungsstarken Industriesteuerungen. Diese sind darauf ausgelegt, verschiedene Aufgaben in der Automatisierungstechnik zu bewältigen.
- Flexibilität: Die Steuerungs-Plattform ist äußerst flexibel und kann an die Anforderungen verschiedener Branchen und Anwendungen angepasst werden. Dies umfasst auch die Fähigkeit, Erweiterungsmodule hinzuzufügen, um zusätzliche Funktionalitäten bereitzustellen.
- Zuverlässigkeit und Robustheit: Siemens S7-Steuerungen sind für den Einsatz in industriellen Umgebungen konzipiert und zeichnen sich durch ihre hohe Zuverlässigkeit und Robustheit aus. Sie sind so konstruiert, dass sie auch unter anspruchsvollen Bedingungen kontinuierlich arbeiten können.
- Hochkomplexe Aufgaben: S7-Steuerungen sind in der Lage, hochkomplexe Aufgaben zu bewältigen. Dies umfasst u.a. die Steuerung von Maschinen, Prozessen und Produktionseinrichtungen.
Siemens S7 im Unified Namespace (UNS)
Die Integration einer Siemens S7 in einen Unified Namespace (UNS) ist ein zentraler Schritt auf dem Weg zu einer durchgängig vernetzten Produktionsarchitektur. Ziel des UNS ist es, alle relevanten Datenquellen – von der Steuerungsebene bis zur Cloud – in einem gemeinsamen, strukturierten Datenraum zusammenzuführen. Dieser Datenraum basiert meist auf MQTT (weitere Informationen finden Sie hier). Damit die S7 als Teil dieses digitalen Ökosystems agieren kann, muss sie über geeignete Schnittstellen bidirektional an den UNS angebunden werden.
Da die Kommunikationsfähigkeit je nach S7-Modell stark variiert, hängt die Wahl der passenden Schnittstelle vom jeweiligen Anwendungsfall ab. Faktoren wie Echtzeit-Anforderungen, Datenvolumen, Sicherheitsanforderungen und Systemkompatibilität sind dabei entscheidend. Der folgende Abschnitt stellt die wichtigsten Integrationsoptionen vor und vergleicht ihre jeweiligen Stärken und Schwächen.
Integrationsoptionen und Schnittstellen Vergleich
Abhängig von Modell und Implementierung bieten Siemens S7-Steuerungen diverse Integrationsmöglichkeiten für die bidirektionale Anbindung an den Unified Namespace (UNS). Dabei hängt die Wahl der optimalen S7 Schnittstelle hauptsächlich von der Fähigkeit der Steuerung ab. Zudem sind die spezifischen Use-Case Anforderungen relevant, wie z. B. der Grad der Datengranularität, die Sicherheitsanforderungen und die vorhandene Systemarchitektur. Außerdem spielen die Verfügbarkeiten von S7 Programmierern bei der Auswahl eine Rolle.
1. Option: MQTT über LMQTT-Bibliothek
Die Integration von MQTT in Siemens S7-Steuerungen kann direkt über die Verwendung der LMQTT-Bibliothek erfolgen. Diese Bibliothek ermöglicht es, MQTT-Kommunikation vollständig innerhalb der SPS zu realisieren, ohne externe Gateways. Die Kommunikation erfolgt über Standard-Kommunikationsbausteine wie TCON, TSEND_C und TRCV_C, während die MQTT-spezifische Logik (z. B. Verbindungsaufbau, Topic-Verwaltung, QoS-Steuerung) über Bausteine der Bibliothek abgebildet wird. Damit lassen sich Prozessdaten aus der Steuerung direkt an einen MQTT-Broker publizieren oder von dort abonnieren – ein direkter Pfad in den Unified Namespace (UNS).
Vorteile:
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- Direkte UNS-Integration: Die SPS kann ohne zwischengeschaltete Systeme direkt an einem MQTT-basierten Unified Namespace teilnehmen.
- Steuerungsseitige Kontrolle: MQTT-Nachrichten und Topics lassen sich gezielt aus der SPS-Logik heraus steuern, was maximale Flexibilität in der Datenbereitstellung erlaubt.
- Eventbasierte Kommunikation: Die Bibliothek unterstützt Publish/Subscribe nach MQTT-Standard und eignet sich somit für effiziente, zustandsorientierte Datenübertragung.
Nachteile:
- Ressourcenbedarf auf der Steuerung: Die Verarbeitung von MQTT-Nachrichten erfordert Speicher und Rechenzeit auf der Steuerung.
- Erhöhter Engineering-Aufwand: Die korrekte Konfiguration von Verbindungen, Topics, QoS-Stufen und Fehlerbehandlung muss im SPS-Programm umgesetzt werden.
- Keine native MQTT-Unterstützung: Die Bibliothek stellt eine benutzerdefinierte Lösung dar. Wartung, Updates und Kompatibilität müssen projektspezifisch geprüft werden.
2. Option: OPC UA (Unified Architecture)
OPC UA ist ein herstellerneutrales Kommunikationsprotokoll für den sicheren, modellbasierten Datenaustausch in der industriellen Automatisierung. Im Gegensatz zu Low-Level-Protokollen wie TCP bietet OPC UA semantische Datenmodelle, integrierte Sicherheitsmechanismen und eine serviceorientierte Architektur. Diese Eigenschaften macht es ideal für die direkte Integration in einem Unified Namespace (UNS). Dabei unterstützen Siemens S7-Steuerungen OPC UA entweder nativ (z. B. bei neueren S7-1500 CPUs mit entsprechender Firmware) oder über zusätzliche Kommunikationsprozessoren bzw. Software-Komponenten.
Vorteile:
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- Durchsuchbarer Namespace: Der gesamte Adressraum kann zur Laufzeit über OPC UA-Clients exploriert werden, inklusive Datenbausteinen, Variablen, Typdefinitionen und Strukturen. Dies erleichtert die Integration relevanter Daten im UNS.
- Modellbasierter Zugriff: OPC UA unterstützt strukturierte, objektorientierte Datenmodelle mit eindeutiger Semantik, ideal für die Integration in modellierte Datenräume im UNS.
- Integrierte Sicherheitsfunktionen: Native Unterstützung für Verschlüsselung, Authentifizierung und Zugriffskontrolle sorgt für sichere Kommunikation.
Nachteile:
- Konfigurationsaufwand: Die Implementierung eines OPC UA-Servers auf der Steuerung erfordert meist zusätzliche Engineering-Arbeit, insbesondere bei älteren S7-Modellen ohne native Unterstützung.
- Zusätzliche Komponenten: In vielen Fällen wird ein Kommunikationsprozessor oder eine Runtime-Lizenz benötigt, was zu Mehraufwand in Beschaffung und Integration führen kann.
3. Option: TCP (Transmission Control Protocol)
TCP ist ein bewährtes Protokoll für verbindungsorientierte Kommunikation zwischen Steuerungen und Netzwerkkomponenten. In der Siemens S7-Welt kann TCP direkt über Kommunikationsbausteine wie TCON, TSEND_C und TRCV_C genutzt werden, um benutzerdefinierte Kommunikationsprotokolle zwischen Steuerungen und dem Unified Namespace (UNS) zu realisieren. Der Einsatz erfolgt meist dann, wenn keine standardisierten Protokolle wie OPC UA oder RFC 1006 zur Verfügung stehen, oder wenn maximale Effizienz und Kontrolle über das Datenformat sowie den Übertragungsprozess gefordert ist.
Vorteile:
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- Direkter Zugriff auf Transportebene: Ermöglicht eine performante, latenzarme Kommunikation mit geringem Overhead, da keine zusätzliche Protokollschicht verwendet wird.
- Hohe Flexibilität: Benutzerdefinierte Protokolle und Datenstrukturen lassen sich individuell implementieren, was besonders bei spezialisierten Anwendungen von Vorteil ist.
- Maximale Kontrolle: Der gesamte Kommunikationsfluss inklusive Verbindungsmanagement, Fehlerbehandlung und Datenverarbeitung liegt vollständig in der Hand des Entwicklers.
Nachteile:
- Hoher Implementierungsaufwand: Funktionen wie Verbindungshandling, Wiederholmechanismen, Datenmodellierung oder Zustandsverwaltung müssen manuell auf Steuerungs- und Gegenseite entwickelt werden.
- Keine semantische Abstraktion: TCP bietet keine Unterstützung für strukturierte oder typisierte Daten. Eine Modellierung im Sinne eines Unified Namespace ist nur mit zusätzlicher Logik z.B. in der i-flow Edge möglich.
- Fehlende Sicherheitsmechanismen: TCP selbst verfügt über keine integrierte Verschlüsselung oder Authentifizierung.
4. Option: RFC 1006 (Remote Function Call over TCP)
RFC 1006 ist ein Siemens-spezifischer Kommunikationsstandard, der auf dem TCP-Protokoll basiert und für den Zugriff auf S7-Steuerungen entwickelt wurde. Es handelt sich dabei um eine Implementierung des ISO-on-TCP-Stacks (ISO 8073) und bildet die Grundlage für S7-Kommunikationsdienste wie PG/OP-Zugriffe oder HMI-Verbindungen. Im Kontext der Integration in einen Unified Namespace (UNS) ist RFC 1006 häufig in Verwendung, um Steuerungsdaten direkt über standardisierte Treiber auszulesen oder zu schreiben.
Vorteile:
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- Native Unterstützung in Siemens S7: RFC 1006 ist tief in die Siemens-Kommunikationsarchitektur integriert und erfordert meist keine zusätzlichen Bibliotheken oder Anpassungen auf der Steuerung.
- Direkter Zugriff auf Prozessdaten: Lesender und schreibender Zugriff auf Datenbausteine, Merker, Ein- und Ausgänge ist möglich – häufig genutzt für SCADA-, HMI- oder UNS-Integrationen.
Nachteile:
- Implementierungsaufwand: S7 Programmierer müssen relevante Daten in dedizierten (DBs) manuell anlegen und mit festen Adressbereichen versehen.
- Keine semantische Datenstruktur: Es erfolgt ein rein adressbasierter Zugriff ohne Datenmodellierung – Kontextinformationen oder logische Zuordnungen müssen extern gepflegt werden.
- Keine integrierte Sicherheit: Im Gegensatz zu OPC UA verfügt RFC 1006 über keine nativen Verschlüsselungs-, Authentifizierungs- oder Zugriffskontrollmechanismen
Mit i-flow Edge Siemens S7 im Unified Namespace (UNS) integrieren
Mit i-flow Edge lassen sich Siemens S7-Steuerungen flexibel und effizient an den Unified Namespace (UNS) anbinden – unabhängig davon, ob die Kommunikation über MQTT, OPC UA, RFC 1006 oder TCP erfolgt. Dabei übernimmt i-flow nicht nur die Verbindung zu den Steuerungen, sondern auch die Konvertierung und Standardisierung der Daten in ein UNS-kompatibles Format. Detailiierte Informationen zum Mapping von Siemens S7 Adressräumen in MQTT basierte UNS Adressräume finden Sie hier.